Die Sondersitzung des Donaustaufer Marktgemeinderates vom 30. April dauerte zwar nur eine knappe Stunde, aber die Ursachen, Hintergründe und Folgen der dabei getroffenen Entscheidung verdienen eine genauere Nachbetrachtung.
Einstimmig beschloss das gemeindliche Gremium auf Vorschlag der Verwaltung, das laufende Bebauungsplanverfahren zum Plangebiet “Bayerwaldstraße” abzubrechen und von Neuem zu beginnen. Als Gründe für diesen Neustart wurden von Seiten des Geschäftsstellenleiters Unertl sowohl formale Fehler der Donaustaufer Bauverwaltung in der Umsetzung des Planverfahrens als auch sachliche Fehler im Bebauungsplanentwurf selbst genannt. Diese Fehler würden dem Geschäftsstellenleiter zufolge dazu führen, dass der Bebauungsplan einer rechtlichen Überprüfung im Zuge einer möglichen Klage nicht standhielte.
Ein Paukenschlag, der doch eigentlich für gehörige Unruhe bei allen Beteiligten in Marktgemeinderat und Verwaltung sorgen müsste? Scheinbar nicht, denn bis auf wenige kritische Wortmeldungen einzelner Marktratsmitglieder, die nach den Verantwortlichkeiten für dieses Scheitern und den Konsequenzen fragten, herrschte: Schweigen. Verständlicherweise konnte der neu im Amt befindliche Geschäftsstellenleiter wenig zur Klärung dieser Fragen beitragen, doch auch der Bürgermeister blieb konkrete Aussagen hierzu schuldig. Weder der Leiter des Donaustaufer Bauamtes, zuständig für die Abwicklung des Bebauungsplanverfahrens, noch der beauftragte Planer waren bei der Sitzung anwesend, so war auch von dieser Seite nichts zu erfahren. Einzig als gesichert darf gemäß den Einlassungen von Bürgermeister und Geschäftsstellenleiter wohl gelten, dass die bisher aufgelaufenen Kosten für die nun wertlose Arbeit des beauftragten Planers von der Gemeinde zu bezahlen sind.
Auch, wenn bei der Sitzung der Wunsch einiger Beteiligter nach einer schnellen Beerdigung des Themas “gescheiterter Bebauungsplan Bayerwaldstraße” mit Händen zu greifen war: Zu klären, wer die Verantwortung für diese erneute Pleite bei einem wichtigen Projekt der kommunalen Bauleitplanung in Donaustauf trägt und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, das bleibt weiterhin Aufgabe von Marktgemeinderat, Bürgermeister und Verwaltungsleitung. Zu gravierend sind die augenscheinlichen Missstände, als dass hier einfach zur Tagesordnung übergegangen werden sollte.
Nicht weniger wichtig ist aber die Suche nach den Ursachen dafür, wie es überhaupt im Marktgemeinderat zu einer Mehrheit für die nun verworfene Planung für die Bayerwaldstraße kommen konnte. Warum wurde ein Bebauungsplanentwurf mit 13:2 Stimmen in die öffentliche Auslegung gegeben, der offensichtlich viele Fehler des Baugebietes in der Egelseestraße wiederholt? Die Mängel dort wurden ja schon bald nach Beginn der Bauarbeiten sichtbar und von verschiedenen Seiten – auch im gemeindlichen Gremium selbst – deutlich kritisiert.
Ein Blick auf grundsätzliche Zusammenhänge hilft vielleicht bei der Annäherung an eine Erklärung: Die kommunale Bauleitplanung ist vernünftigerweise eine Abfolge von politischen Entscheidungen, in denen es erst im späteren Verlauf um das eigentliche Siedlungsprojekt geht. Vorher müssen Fragen geklärt werden, die zunächst nichts mit Baumassen, Grünflächenanteilen und Stellplatzschlüsseln zu tun haben. Eine kleine Aufzählung: Welches Wachstum wollen wir für unseren Ort – und wie stark können/wollen wir es steuern? Wie gelingt es uns, zielgerichtet Wohnraum für das ortseigene Bevölkerungswachstum zu schaffen – Vielleicht auch abseits von Neubau? Welche Werkzeuge stehen der Kommune Donaustauf zur Verfügung, den marktwirtschaftlich bedingten Preisauftrieb bei Grundstücken, Immobilien und Mieten zu dämpfen? Wie kann die Marktgemeinde selbst für sozialorientierte Angebote von Wohnraum sorgen? In der strukturierten Suche nach Antworten auf diese Fragen scheint die offensichtliche Schwäche in der Donaustaufer Ortspolitik zu liegen: Ein ernsthafter und ergebnisorientierter Austausch über diese Themen findet kaum statt, stattdessen überlässt man das Feld immer noch weitgehend der kommerziellen Immobilienwirtschaft, deren Angebot aber erwiesenermaßen keine der oben skizzierten Fragen beantwortet. Es gibt zwischen den Fraktionen im Donaustaufer Marktrat bisher kein gemeinsam getragenes Konzept für die Bewältigung der Anforderungen, denen die Marktgemeinde beim Thema Ortsentwicklung ausgesetzt ist. Am Ende gerät die Marktgemeinde deshalb nicht selten in die Defensive oder scheitert gänzlich mit ihrem Ansatz, wie soeben beim Bebauungsplan “Bayerwaldstraße”.
Die Siedlungspolitik ist ein denkbar ungeeignetes Feld für sachfremd motivierte politische Manöver. Heutige Probleme in der Donaustaufer Ortsentwicklung, z.B. der ungenügende Schutz vor übermäßiger Nachverdichtung durch fehlende Bebauungspläne haben ihre Ursache in Versäumnissen der Vergangenheit und stellen die heutige Gemeindepolitik vor große Schwierigkeiten. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung sollten der künftigen Bevölkerung von Donaustauf solche „vererbten“ Fehler erspart werden. Gefragt sind deshalb die gründliche und ehrliche Analyse bestehender Zusammenhänge und eine Entscheidungsfindung, die in einem sauberen Verfahren entlang nachvollziehbarer inhaltlicher Kriterien verläuft. Natürlich erfordert es viel Aufwand und auch Mut, den scheinbar alternativlosen Trampelpfad der Bauträger-Ortsentwicklung zu verlassen – Aber diesen Aufwand und Mut dürfen die Donaustaufer Bürgerinnen und Bürger von den Verantwortlichen erwarten.